Freitag, 30. Oktober 2015

Schloss und Schlossgarten Schwetzingen | Allgemeines GRABUNGSERGEBNISSE IM SCHLOSSGARTEN

Archäologische Untersuchungen im Schlossgarten von Schwetzingen brachten jetzt spektakuläre neue Erkenntnisse für einen der bekanntesten Teile des Schlossgartens: Dass die Brunnenanlage mit den wasserspeienden Hirschen, geradezu das Wahrzeichen des Gartens, zur Zeit von Kurfürst Carl Theodor anders aussah, wusste man bereits. Wie genau – das ergaben die Sondierungen. Und nicht nur das: Die Funde belegen, dass die Anlage ziemlich genau ab 1767 errichtet wurde.

Sondierungen an den Hirschbrunnen bringen neue Erkenntnisse zur Gartengeschichte

Archäologische Untersuchungen im Schlossgarten von Schwetzingen brachten jetzt spektakuläre neue Erkenntnisse für einen der bekanntesten Teile des Schlossgartens: Dass die Brunnenanlage mit den wasserspeienden Hirschen, geradezu das Wahrzeichen des Gartens, zur Zeit von Kurfürst Carl Theodor anders aussah, wusste man bereits. Wie genau – das ergaben die Sondierungen. Und nicht nur das: Die Funde belegen, dass die Anlage ziemlich genau ab 1767 errichtet wurde.

AKTUELLE UNTERSUCHUNGEN IM SCHLOSSGARTEN
Gemeinsam mit dem Amt Mannheim und Heidelberg von Vermögen und Bau untersuchen die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg den historischen baulichen Befund am Hirschbassin, einem der Herzstücke des Schlossgartens. Jetzt konnten die Fachleute erste Ergebnisse vorlegen. Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten, präsentierte die Funde gemeinsam mit Achim Wendt vom Büro für Bauforschung, Dokumentation und Konzeption, der die Untersuchungen vorgenommen hatte, und dem zuständigen Konservator Prof. Dr. Hartmut Troll. Michael Hörrmann wies darauf hin, dass man im Schlossgarten zwar vieles wisse, dass aber in vielen Fällen die Details nicht dokumentiert seien. „Solche archäologischen Untersuchungen bergen also immer die Option auf überraschende Erkenntnisse.“

HALBRUNDBECKEN UND SPIEGELBASSIN
Aus alten Plänen und aus der Literatur weiß man schon länger, dass im 18. Jahrhundert der Garten bei den großen Hirschfiguren anders aussah. Auf der Seite zum Schloss hin gab es ein großes Halbrundbassin. Von dort floss das Wasser über Stufen in ein großes Spiegelbassin. Es befand sich dort, wo sich heute das Rechteck der Rasenfläche erstreckt. Man weiß auch, dass es immer technische Schwierigkeiten gab. Die Becken waren nicht dicht. Johann Michael Zeyher, Gartenarchitekt der Zeit nach den Kurfürsten, schreibt, dass der Boden wegen der undichten Becken so sumpfig sei, dass die Anlage stank. Daher wurden die beiden Becken 1804/5 abgeräumt. Erst 1820 richtete Zeyher die Anlage so her, wie sie sich heute präsentiert: ein kleines Becken im oberen Bereich und statt der Wasserfläche des Spiegelbassins ein Rasenviereck. Für das kleinere obere Becken veränderte Zeyher den Wasserdruck und damit den Brunnenstrahl der Hirsche, die seither nur noch in kleinem Bogen spucken – dafür wurde er damals kritisiert. Seine Erklärung: Die sterbenden Hirsche seien geschwächt, der Strahl sei passend.

SONDIERUNG LIEFERT VIELE DETAILS ZUR THEORIE
Die bauarchäologischen Sondierungen haben die schriftlichen Dokumente bestätigt und viele Details geliefert. Man weiß jetzt genau, wie die beiden Becken aufgebaut waren. Erkennbar wurde auch, wie viel größer das obere Halbrundbecken vor dem Umbau war. Beim unteren Spiegelbassin zeigte sich, dass der Rand des Beckens in barocken Schwüngen geschweift war. Auch dass das Becken, obwohl es korrekt nach allen Regeln der Technik gebaut war, wohl tatsächlich nicht dicht war, zeigte sich: An einigen Stellen haben sich die Tonpacken erhalten, mit denen man den Boden abzudichten versuchte.

SPEKTAKULÄRER FUND: STEINE AUS DEM HEIDELBERGER SCHLOSS
Spektakulär sind die Entdeckungen, die man zur Datierung der Becken machen konnte: Im Sockel einer der beiden Hirschfiguren sind Steine wiederverwendet, die aus der Spätgotik stammen, ablesbar an der Art der Bearbeitung und an ihren Steinmetzzeichen. Die Backsteine des Beckenfundamentes lassen erkennen, dass sie wohl einer richtigen Feuersbrunst ausgesetzt waren. Die Erklärung findet sich in den zeitgenössischen Bauakten: Dort steht, dass für den Schlossgarten Material aus der Brandruine von Schloss Heidelberg geholt wurde, nach dem Blitzeinschlag von 1764 und dem großen Brand. Dieser weiteren Zerstörung des Heidelberger Schlosses setzte Kurfürst Carl Theodor ein Ende. Dazu passt auch der Auftrag für die beiden großen Hirsche an den Bildhauer Verschaffelt 1767. „Das ist ein spektakulärer Erkenntnisgewinn, was die exakte Datierung einzelner Arbeiten im Schlossgarten betrifft“, fasst Prof. Dr. Hartmut Troll diesen Fund zusammen. Man wisse nun exakt, aus welchen Jahren das Hirschbassin stamme und welche Größe und Form es einst gehabt habe.

DER SCHLOSSGARTEN ALS HERAUSRAGENDES DENKMAL
Der Schlossgarten von Schwetzingen sei eine Aufgabe mit vielen Dimensionen: Geschäftsführer Michael Hörrmann wies darauf hin, dass der Schlossgarten als lebendiges Kunstwerk ganz besondere Anforderungen an die Betreuung stelle. „Die Veränderung ist ein wesentliches Element des Gartenkunstwerkes. Die Pflanzen verändern sich in den Jahreszeiten, sie wachsen und werden älter – ein historischer Garten ist daher ein Kunstwerk einer ganz eigenen Kategorie.“ Die aktuelle Sondierung habe mehr Detailwissen zu Tage gebracht. „Wir versuchen möglichst viel exakte Kenntnisse zusammenzutragen, wie genau sich der Garten im Lauf der Generationen verändert hat“, erklärt Michael Hörrmann. „Das macht es uns möglich, fundiert Entscheidungen zu treffen.“

Download und Bilder