Dienstag, 27. Oktober 2020

Schloss und Schlossgarten Schwetzingen | Allgemeines 3. November 1801: Karl Baedeker, „Vater“ der Reiseführer, wird geboren

Am 3. November 1801 wurde Karl Baedeker, der Begründer der modernen Reiseführerliteratur, geboren. Im Jahr 1827 gründete er seinen Verlag, schon acht Jahre später gelang ihm der Durchbruch. Die „Rheinreise von Straßburg bis Rotterdam“ wurde zum Verkaufsschlager: Denn Baedeker traf genau den Geschmack des Bürgertums, das zu dieser Zeit die Bildungs- und Erholungsreise entdeckte. Seine Beschreibung der Sehenswürdigkeiten der ehemaligen Kurpfalz ist noch 185 Jahre später lesenswert. Der Schlossgarten Schwetzingen, die Residenz in Mannheim und natürlich Schloss Heidelberg erhalten breiten Raum.

PIONIER DER REISEFÜHRLITERATUR

Am 3. November 1801 wurde Karl Baedeker, der „Vater“ der modernen Reiseführer, in Essen geboren. „Der Baedeker“ – das war lange Zeit der Inbegriff des Reiseführers, alle Reisehandbücher mussten sich mit ihm messen. Was im Baedeker stand, das sollten alle Touristen gesehen haben. 1827 gründete Karl Baedeker in Koblenz eine Verlagsbuchhandlung. Fünf Jahre später übernahm er das Unternehmen seines Konkurrenten Franz Friedrich Röhling. Mit dem Kauf erwarb er auch das Sortiment des Verlegers – darunter auch das Buch „Rheinreise von Mainz bis Köln“, verfasst von dem Historiker Johann August Klein. Baedeker erkannte das Potenzial des Werks: Er erweiterte und überarbeitete den Reiseführer zur „Rheinreise von Straßburg bis Rotterdam“ und fügte eine Karte des Rheins hinzu. Mit der Neuauflage von 1835 traf er genau den Geschmack seiner Zeit. Karl Baedeker starb am 4. Oktober 1859 in Koblenz.

 

DAS BÜRGERTUM ENTDECKT DAS REISEN

Reisen zum Vergnügen und zur Bildung waren lange Zeit ein Privileg des Adels. Im Lauf des 19. Jahrhunderts wandelte sich dies: Das Bürgertum wurde zunehmend mobiler, die Dampfschifffahrt und die Eisenbahn hatten zu dieser Zeit ihren großen Durchbruch – so wurde 1840 die erste Teilstrecke der Badischen Hauptbahn zwischen Heidelberg und Mannheim eröffnet. Das Reisen wurde damit schneller und erschwinglicher. Mit seinem dazugehörigen Reiseführer bahnte Baedeker dem Massentourismus den Weg. Er gab Antworten auf die Fragen der Reisenden: Was muss ich gesehen haben? Wie viel Zeit benötige ich, um von A nach B zu kommen? Und vor allem: Wo ist Vorsicht bei der Reise angebracht?

 

"DER BAEDECKER" ALS REISEBEGLEITER

 Mit dem handlichen Buch Baedekers war der Tourist nicht länger auf gute oder weniger gute Fremdenführer angewiesen. Stattdessen hatte er einen übersichtlichen, aktuellen und niveauvollen Reisebegleiter bei sich. Baedeker stand für Qualität und Genauigkeit, die geradezu legendär war: „For Kings and Governments may err, but never Mr. Baedeker.“ (Könige und Regierungen können sich irren, aber niemals Herr Baedeker.) Der englische Vers stammt aus einem erfolgreichen Bühnenstück des Jahres 1929, der komischen Oper „La Vie Parisienne“. Die Reiseziele und Routen, wie sie „der Baedeker“ zusammengestellt hatte, wurden zum Kanon. Wer verreiste, kaufte einen Baedeker – nicht nur in Deutschland. Baedekers Sohn Ernst erkannte bald das weitere Potenzial des Reiseführers. Bereits 1861 veröffentlichte er die erste englische Ausgabe der „Rheinreise“. Wenig später nahm der berühmte amerikanische Autor Mark Twain einen Baedeker auf seine Europareise mit.

 

REISEZIEL KURPFALZ: DER SCHLOSSGARTEN IN SCHWETZINGEN

Noch heute wirkt der erste Baedeker von 1835 modern. Die „Rheinreise“ führte nun nicht nur von Mainz nach Köln, sondern auch durch die ehemalige Kurpfalz – insbesondere durch Schwetzingen, Mannheim und Heidelberg. In Schwetzingen gab es – so der Text der deutschen Ausgabe – das „großherzogliche Lustschloß, dessen Gartenanlagen, ein Werk des pfälzischen Kurfürsten Karl Theodor, zu den ausgedehntesten und berühmtesten gehören (…). Die Größe des Gartens beträgt 186 Morgen und es sind in demselben eine Menge zum Theil geschmackvoller und prächtiger Kunstanlagen im altfranzösischen, mitunter seltsam gemischtem Stile, worunter besonders der Tempel des Apoll, der Minerva, des Merkur, der Tempel der Botanik in einer Wildniß fremder im Freien ausdauernden Bäume, das Grab des Rinus, die Moschee mit zwei 126 Fuß hohen Minarets, der große Springbrunnen, die künstlichen Ruinen einer römischen Wasserburg und halb verfallenen Wasserleitung, die Bäder, der Felsen des Pan, das Seepferd, Gewächshäuser etc. etc. zu bemerken sind.“

 

ÜBER MANNHEIM NACH HEIDELBERG

Auch die ehemaligen kurpfälzischen Residenzen wurden vorgestellt: Mannheim „ist vollkommen regelmäßig in Vierecken erbaut, und darf zu den schönsten Städten Deutschlands gezählt werden. (…) Das Schloß, 1720 erbaut, auch als Halb-Ruine noch großartig, in demselben die Gemäldesammlung, der Antikensaal, das Naturalienkabinet. Im Schlosse hat die verwittwete Großherzogin von Baden, Stephanie ihre Wohnung.“ Heidelberg ist „einer der reizendsten Gegenden, reich an geschichtlichen Erinnerungen, besonders aus dem dreißigjährigen Kriege“. Insbesondere das Schloss wird gerühmt: „Es ist die prächtigste Ruine in Deutschland. Im Schloßkeller das weltberühmte große Heidelberger Faß“. Bis heute prägt Baedekers Auswahl die Reiserouten der Touristen.

 

 

BILDNACHWEIS

Karl Baedeker. Ausschnitt aus der Zeitschrift „Die Gartenlaube“ 1861. Fotorechte: Wikimedia Commons, Urheber unbekannt, gemeinfrei

 

Gartenmoschee im Schwetzinger Schlossgarten. Gezeichnet von Johann Michael Zeyher um 1825. Fotorechte: Wikimedia Commons, Urheber unbekannt, gemeinfrei

 

Hirschgruppe im Schwetzinger Schlossgarten. Gezeichnet von Conrad Caspar Rordorf 1830. Fotorechte: Universitätsbibliothek Heidelberg, gemeinfrei

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